Statement

Das/die folgenden Statement(s) sind von Einzelpersonen geschrieben.

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Ich möchte einige persönliche Gedanken zu den Vorwürfen gegen Sabot Noir, die in einem Statement per E-Mail an verschiedene Räume und Bands rausgegangen sind, äußern.

Aus meiner Sicht wurden die Vorwürfe gegen das genannte Bandmitglied M. von uns sehr ernst genommen. Es ging nie darum, sich mit ihm zu solidarisieren, und es war von Anfang an klar, dass das Verhalten aufgearbeitet und geändert werden muss und nicht mehr vorkommen darf, wenn wir gemeinsam als Band weitermachen wollen.

Mir persönlich lag viel an der Band, und ich kann natürlich nicht ausschließen bzw. es ist rückwirkend betrachtet nicht unwahrscheinlich, dass sich das nicht auf bestimmte Dinge ausgewirkt hat, die ich nun nach dem Auflösen der Band anders machen würde.

Ein „weiter wie zuvor“ habe ich persönlich jedoch nicht erlebt, vielmehr war das Thema in den letzten zwei Jahren quasi ständig präsent, es war für mich persönlich ein ständiges auf und ab und die Frage, ob das, was wir machen, so richtig ist, hat sich für mich immer wieder gestellt, und diese Frage betrachte ich rückblickend nun auch nochmal ganz anders.

Es stimmt, dass wir kurz nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe noch eine Tour gespielt haben, diese war bereits lange geplant und eine so kurzfristige Absage hätte für etliche Beteiligte sehr viel organisatorischen Aufwand bedeutet. Dies haben wir (also N. und ich) auch einer Person, die den Brief mit verfasst hat, in einem persönlichen Gespräch so dargelegt und wurde auch an die anderen weitergegeben. Die Kritik daran kann ich aber auch nachvollziehen. Es stand fest, und dies haben wir auch so kommuniziert, dass wir unmittelbar danach eine Auftrittspause machen werden. Diese war zunächst ein halbes Jahr lang, bis wir wieder ein paar wenige Shows gespielt haben. Die subjektive Wahrnehmung darüber ist mit Sicherheit verschieden, dieses halbe Jahr hat sich für mich persönlich vermutlich deutlich länger angefühlt als für andere Menschen. Unabhängig davon, diese Shows zu spielen war ein Fehler (v.a. auch unsere fehlende Kommunikation darüber), die Kritik daran wurde an uns herangetragen. Daraufhin haben wir zwei noch anstehende Konzerte wieder abgesagt und ein weiteres halbes Jahr Auftrittspause gemacht.

Während der Auftrittspause haben in unterschiedlichen Konstellationen Gespräche zwischen uns (ohne das beschuldigte Bandmitglied) und den Menschen, die den Brief schrieben, stattgefunden. Wie im Statement beschrieben, wurde auch im Freiraum Dachau ein Aufarbeitungsprozess begonnen, wobei ich diesen nur zu Beginn persönlich miterlebt habe, da ich dort nicht aktiv war und die Teilnahme daran für mich kapazitätsbedingt schwierig war. Retrospektiv betrachtet hätte ich mich aber wohl insgesamt aktiver mit dem Thema beschäftigen müssen.

Beim Vorwurf des Statements, dass von uns „Feminist*innen verachtet“ und „Leute fertig gemacht“ wurden, stellt sich mir die Frage, worauf er sich bezieht. Derartiges wurde (bis zu dem Statement) nicht an mich oder direkt an die Band herangetragen und ich habe es auch nicht anderweitig mitbekommen; solches Verhalten würde ich nicht akzeptieren. Ich bin meiner Meinung nach kein aggressiver/angreifender oder autoritärer Mensch, sondern eher ruhig und zurückhaltend. Ich bin offen für jegliche Kritik an meinem persönlichen Verhalten und setze mich gerne konstruktiv damit auseinander, wenn mein Verhalten oder Aussagen von mir so wahrgenommen wurden.

Übergriffiges und sexistisches Verhalten zu thematisieren halte ich für wichtig und notwendig; auch bzw. gerade auch dann, wenn es die eigene Band betrifft.

Dass das Statement nur auf unserer Webseite erschien hatte den Hintergrund, dass wir bereits seit längerem unsere Internet-Präsenz weg von Social Media hin zur Webseite verlagert hatten. Außerdem hatten wir auch keine Lust, diese Auseinandersetzung über Facebook zu führen. Einige Kommentare unter einem Musikvideo-Post (dieser wurde kurz danach wieder gelöscht), die von konstruktiver Kritik weit entfernt waren, haben dies auch verstärkt bzw. bestätigt.

Der anschließende persönliche Austausch von N. und mir mit Menschen, die die Kritik an dem Post geäußert hatten, war dann wiederum konstruktiv und hat aufgezeigt, warum unsere persönlichen politischen Einstellungen und Gedanken, welche in Songs zum Ausdruck gebracht wurden, im Kontext der gesamten Situation anders bewertet wurden.

Es war für mich wichtig, dass das Statement öffentlich war und auch wahrgenommen wurde. Gerade beim ersten Konzert im Münchner Raum ein Jahr nach den Vorwürfen wurde sowohl der Veranstalter vorab als auch das Publikum bei einer Ansage darüber informiert. Ich habe Menschen auch persönlich davon erzählt und es weitergeleitet. In der Tat haben wir aber insgesamt nicht so und mit der Zeit auch immer weniger konsequent darauf hingewiesen, wie es rückwirkend betrachtet notwendig gewesen wäre. Dies sehe ich inzwischen auch als großen Fehler, v.a. weil es eben auch den Eindruck erweckt hat, „weiter wie zuvor“ zu machen. Es war auch falsch, den Verweis auf das Statement überwiegend auf den Münchner Raum, wo sich alles abgespielt hat, zu beschränken. Wir erhielten von verschiedenen Personen auch unterschiedliche Kritik und Klärungsbedarf zum Statement. Hier waren wir leider nachlässig darauf einzugehen bzw. dies einzuarbeiten. Ich persönlich war auch viel mit anderen Dingen eingespannt und habe wohl auch aufgrund der bedrückenden Situation dieses Thema vernachlässigt, was ich sehr bereue, denn dies hat u.a. wohl auch zu der jetzigen Situation geführt.

Komplett runter genommen haben wir das Statement, nachdem vom Freiraum Dachau geäußert wurde, dass dieser so nicht darin erwähnt werden will. Auch hier waren wir mit der Überarbeitung nachlässig, diese hatte bis zur Auflösung nicht mehr stattgefunden.

Bei unserer letzten Show in München vor einer Woche (die einzige Show, seitdem das Statement nicht mehr online war) bin ich davon ausgegangen, dass die Vorwürfe und das Statement mittlerweile bekannt sind. Dies hat sich im Nachhinein leider als falsch herausgestellt; es war wohl naiv zu denken, dass in der Münchner Punkszene bereits alle darüber Bescheid wissen. Ich möchte mich bei den Veranstalter*innen dafür entschuldigen.

Mit dem Statement, welches nun verschickt wurde, habe ich für mich die Entscheidung getroffen, dass es mit der Band nicht mehr weitergehen kann. Diese Entscheidung hatte auch N. so bereits für sich getroffen, womit wir die Band aufgelöst haben. Ich habe mich in den letzten Tagen mit anderen Menschen über die Situation ausgetauscht und werde auch weiterhin versuchen, das ganze aufzuarbeiten.

Aus meiner Perspektive kann ich zuletzt nur sagen, dass ich mit meinen Handlungen und meiner Nachlässigkeit niemanden schaden wollte, dies ist nicht meine Art und meine Einstellung als Mensch, und ich bin auch weiterhin offen für Austausch.

F.

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